Kabriolett- SONDERKAROSSERIEN TEIL I

WELCHE KABRIOLETT-BAUFORMEN des ZIS-110B gab es?

  • Phaeton (keine Seitenfenster)

  • Phaeton mit festen Dreiecksfenstern

  • Phaeton mit Ausstellfenstern

  • zwei Seitenfenster

  • zwei Seitenfenster, Trennscheibe (Tonneau)

  • vier Seitenfenster

  • vier Seitenfenster, Trennscheibe (Tonneau), hydraulisches Verdeck

  • sechs Seitenfenster

  • sechs Seitenfenster, Trennscheibe (Tonneau)


Das Design und die konstruktiven Details des ZIS wurde von den sowjetischen Ingenieuren mit der gleichen Bedenkenlosigkeit nachgeahmt und nachgebaut, wie man sie in vielen Entwicklungsländern antrifft. Scham scheinen die Kommunisten dabei nicht empfunden zu haben, wenn sie mit diesen Wagen auch international in Erscheinung traten, beispielsweise bei Kongressen mit US-amerikanischer Beteiligung. Doch dem Kopieren waren gewisse Grenzen gesetzt, klimatische beispielsweise. Wagen, die zwar in Detroit gebaut, jedoch für den Verkauf in den wärmeren Südstaaten wie Mississippi, Tennessee oder Florida konzipiert waren, benötigten im feuchtwarmen, subtropischen Klima zwar ein Verdeck, auf Seitenfenster kann man jedoch beinahe ganzjährig verzichten. Da bietet sich ein Phaeton an. Stalin, der Grusinier (veraltet für Georgier) stammte aus einem im Sommer sengend heißen Land und hatte solche Wagen bereits in seiner früheren Funktionärskarriere kennen und schätzen gelernt.


Packard Phaeton in Rußland vor Beginn des II. WK, gut erkennbar an der Uniformbluse des Fahrers ohne Schulterstücken.
Ich bin nicht sicher, ob es sich beim Rotarmisten um Pawel Osipowitsch Udalow handelt, der seit 1923 die “Garage mit besonderem Verwendungszweck” (GON) leitete. Er war einer von Stalin’s persönlichen Fahrern und blieb in dieser Verwendung bis Stalin starb. Alle Garagenfahrer waren erstklassige Profis, aber mit Udalow unternahm Stalin seine bekanntesten Reisen: nach Potsdam, Teheran und Jalta.


Folgerichtig konzipierte man den offenen Wagen als Phaeton mit einknöpfbaren Seitenscheiben aus Zelluloid und hatte vor, diesen auch im Winter zu nutzen, wie man auch die offenen Packards seit Jahrzehnten im Winter nutzte - dann eben mit Pelzkragen.

Ein knöpfbares Verdeck bot Schutz vor Regen, Schnee und Fahrtwind, hatte der Kälte jedoch nur wenig entgegenzusetzen.

Nach der deutschen Norm DIN 70011 „Aufbauten für Personenkraftwagen; Benennungen und Begriffe“ vom März 1959 war der „Phaeton (Tourenwagen)“ definiert als offener Personenkraftwagen mit zwei oder mehr Sitzen, zwei oder vier Türen und aufsteckbaren oder einknöpfbaren losen Seitenteilen; das Verdeck mußte als zurücklegbares oder versenkbares Scherenverdeck oder als zurücklegbares oder abnehmbares Klappverdeck ausgeführt sein.

Stalin, Molotow, Malenkow, Mikojan u.v.a. nehmen am 28.04.1947 im Kreml die erste Version des ZIS-110 Kabrioletts in Augenschein. Rechts neben Stalin steht Iwan Alexejewitsch Lichatschow, damals Direktor der Moskauer Stalinwerke.
Die Fahrzeugantenne, sofern überhaupt vorhanden, scheint bei diesem Wagen noch im oberen Rahmen der Windschutzscheibe angebracht worden zu sein.

Diese zeitgenössische Illustration zeigt weder Schlitze in den Türen, in denen man Fenster versenken könnte, noch Fensterkurbeln.

Wenn man es aus dem Blickwinkel der freien Welt betrachtet, in der die Kräfte des Marktes den Wettbewerb um das beste Design ermöglichen, dann wirkt es befremdlich, daß im Sowjetreich die konstruktiven Details eines Personenkraftwagen durch niemand geringeren als einen Staatslenker und dessen Kabinett bewertet wurden.

Doch andererseits fehlte es dieser Prozedur durchaus nicht an einer inneren Logik. Schließlich waren solche Fahrzeuge für niemanden außerhalb der Führungsriege bestimmt. Sollte etwa ein Arbeiter entscheiden dürfen, wie Stalins Auto auszusehen hat?

Die Kühlerfigur haben die sowjetischen Designer unbestritten selbst entworfen. Später wurde diese von dem mit sowjetischer Hilfe gegründeten chinesischen Autohersteller Hongqi kopiert, ja mehr noch, Hongqi bedeutet nichts anderes als “Rote Fahne”.
Doch wer fällte die abschließende Entscheidung über die Verwendung dieser Kühlerfigur auf dem künftigen Wagen des sowjetischen Staatslenkers? Niemand geringeres als Stalin selbst, am 04.Oktober 1944.

ZIS-110B Phaeton in einer Aufnahme aus der zweiten Hälfte der 40er Jahre. Es handelt sich um eine frühe Version des Wagens, da die hinteren Seitenscheiben nur anfänglich diagonal überklebt wurden, um das dahinterliegende Verdeckgestänge zu verblenden.


Weiterführende Links


Quellenverzeichnis

Abbildung 1,2 - Guscha.de

Abbildung 3 - Archiv des Sicherheitsdienst der Russischen Föderation (Архив ФСО России)

Abbildung 4 - TECHNOPROMIMPORT

Abbildung 5 - unbekannte Quelle

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