ZIS-110 Ambulanz in der Presse

WELCHE Ambulanz-BAUFORMEN GAB ES?

  • ZIS-110 mit Sanitätseinrichtung

  • ZIS-110A mit einer vertikal öffnenden Heckklappe

  • ZIS-110A mit zwei vertikal öffnenden Heckklappen

  • ZIS-110A mit zwei horizontal öffnenden Heckklappen

Das obige Foto ist auf dem Werksgelände entstanden und füllte eine Doppelseite in einer leider nicht namentlich bekannten Zeitschrift. Wie die Aufschrift “ZIL” an der Fahrzeugflanke verrät, entstand die Aufnahme frühestens in der zweiten Hälfte der 50er Jahre.
Martin-Hörner und bunte Lämpchen sollen nicht nur Aufmerksamkeit erregen, nein, sie tun es auch. Wie so viele Lebewesen, werden auch Menschen vom Licht angezogen. Obwohl der ZIS-110A zu einem der wenigen Fahrzeuge aus dem sozialistischen Lager zählte, welches auch photogen präsentiert werden konnte, sind zeitgenössische Presseberichte erstaunlich dünn gesät. An Abbildungen von Erntefahrzeugen hatte es hingegen kaum Mangel in der sozialistischen Tagespresse.
Versuchen wir unser Glück daher erst einmal in Übersee.

Oben abgebildet sehen Sie, werter Leser, drei zeitgenössische Ausschnitte aus US-amerikanischen Tageszeitungen, denen übrigens gemeinsam ist, daß sie auch heute noch (2023) erscheinen. Der Zanesville Times Recorder aus Ohio (20.05.1949) und das Lubbock Avalanche-Journal (29.05.1949), das in Texas herausgegeben wird, gehörten schon damals einem gemeinsamen Netzwerk an und so ist nicht verwunderlich, daß die Inhalte einander gleichen. Beide Blätter informierten ihre Leser im Mai 1949 von der Palette der Fahrzeuge, die in der UdSSR montiert wurden und erwähnen bei dieser Gelegenheit auch den ZIS-Krankenwagen. Die Chicago Daily Tribune aus Illinois weist in dem Artikel vom 19.09.1954 darauf hin, daß die Produktion der sonstigen ZIS-Limousinen zu einem Stillstand kam, abgesehen von einigen wenigen Krankenwagen.

Im Ogonjok, der ältesten Wochenzeitschrift Russlands, erschien in einer Ausgabe von 1949 ein Artikel über Industrieprodukte, die in Moskau hergestellt werden. Illustriert wurde dies unter anderem auch mit einer Fotografie eines ZIS-110A.

Die in der DDR erschienene Kraftfahrzeugtechnik 11/1951 druckte ein Foto, das ein Ambulanzfahrzeug zusammen mit einem sowjetischen Verkehrspolizisten abbildete. Der ZIS ist ausgestattet mit schwarzen Kühlerschutzhauben aus wasserunempfindlichem Kunstleder, abgesteppt mit Rautenmuster und wattiert mit Roßhaar. Die KFT wußte zu berichten, daß diese Wagen auf allen Straßen der UdSSR Vorfahrtrecht genossen.

Na, dann wollen wir ihnen mal Vorfahrt verschaffen. Auf diesem Foto ist der Krankenwagen, dessen vordere Stoßstange offenbar schon Feindberührung hatte, ausgestattet mit einem behelfsmäßigen Kühlerschutz sowie einem Funktelefon und einer massiven Stabantenne in schwarz. Üblich waren lange, flexible Peitschenantennen mit hellem Kunststoffsockel (siehe letztes Bild unten).

Die Zeitschrift Hobby benutzte in der Neujahrsausgabe 1954 das gleiche Foto, das bereits Jahre zuvor hinter dem eisernen Vorhang in der KFT veröffentlicht worden war, glaubte jedoch, die Wagen würden bei GAZ in Gorki produziert. Wer sowas glaubt, dem kann man auch die Überschrift “Autosalon Moskau” nicht mehr übelnehmen.

Solche Texte wie den obigen von 1955, der erneut einer Ausgabe des Ogonjok entnommen wurde, würde man wohl inmitten hunderter anderer als die typisch dümmliche Propaganda eines kommunistischen Landes identifizieren können. Was wäre wohl passiert, wenn tatsächlich “Arbeiter” der Stalinwerke Einladungen in kapitalistische Länder versendet hätten?! Sollte Ihnen die Vorstellungskraft fehlen, dann fragen Sie sich bitte, werter Leser, was Ihr Chef davon halten würde, falls es Ihnen einfiele, im Namen der Firma Einladungen an nordkoreanische Delegationen auszusprechen …
Moskau ließ es sich etwas kosten, als selbsternannte Welthauptstadt der internationalen Arbeiterbewegung zu gelten. Die Moskauer Stalinwerke in ihrer Funktion als propagandistischer Vorzeigebetrieb werden uns noch öfter auf unserer technik-geschichtlichen Zeitreise begegnen.

Die kleine Presseschau endet mit einer Aufnahme des ZIS-110A, die das Automobilmagazin Sa Ruljom (“Hinter’m Steuer”) im Jahr 1958 herausbrachte. Die kunstvoll verrissenen Lichtpunkte erschaffen die dramatische Atmosphäre einer Rettungsfahrt in hoher Geschwindigkeit. Schaut man genauer hin, erkennt man die geöffnete Fahrertür. Die Kippe im Mundwinkel des Fahrers entspricht dem seinerzeit vorherrschenden Zeitgeist. Auch noch ein halbes Jahrhundert später gehörten Aschenbecher und Zigarettenanzünder in jedem Neuwagen zum gesellschaftlich akzeptierten Standard.


Weiterführende Links


Quellennachweis

  • Abbildung 1 - unbekannte Quelle

  • Abbildung 2 - Zanesville Times Recorder aus Ohio vom 20.05.1949

  • Abbildung 3 - Lubbock Avalanche-Journal vom 29.05.1949

  • Abbildung 4 - Chicago Daily Tribune vom 19.09.1954

  • Abbildung 5 - Ogonjok 1949

  • Abbildung 6 - Kraftfahrzeugtechnik 11/1951

  • Abbildung 7 - unbekannte Quelle

  • Abbildung 8 - Hobby 01/1954

  • Abbildung 9 - Ogonjok 1954

  • Abbildung 10 - Sa Ruljom 1958

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Ambulanz- Sonderkarosserien Teil II